Ironman Switzerland 2008

13.07.2008 – Wetter: Dauerregen

Halloha an alle!!!
am Sonntag war es endlich soweit und ich konnte mir meinen Traum von Hawaii erfüllen. Pünktlich nach 9:23 Stunden bog ich in den Zielkanal ein, schaute mich um, sah niemanden und die ganze Anspannung der letzten Monate und das Trommelfell der Zuschauer löste sich in meinem Jubelgeschrei auf!! Das hatte mich anscheinend meine letzten Kräfte gekostet, denn nach dem Zielkanal musste man mich erst einmal auf die weiche Schaumgummimatte betten. Da lag ich nun. Beine hochgelegt um meinen Kreislauf zu stabilisieren, eine Apfelschorle in der einen und meine Urkunde in der anderen Hand. Nach mehreren erfolglosen Versuchen der Betreuer mich ins Krankenzelt zu bugsieren – für alle die es noch nicht wissen jede Infusion in Zürich kostet 70 Franken – beschloss ich, stattdessen mich von zwei starken Männern zum Ausgang helfen zu lassen um meinen Support nicht weiter auf mich warten zu lassen.
Da stand ich nun, zitternd vor Kälte, völlig k.o. und quälte mich 30min zum 1km entfernt parkenden Auto. Mein kleiner Bruder musste meine ganzen Sachen vom Wechselplatz abholen und dann durfte ich endlich ins Hotel und fragte mich während der Fahrt, wie ich mal wieder in so eine Lage geraten konnte…

Pünktlich um 4Uhr Sonntag früh schälte ich mich bei Dauerregen aus meinem Hotelbett, na super, meine Laune war dahin. Nach der täglichen Masterei die letzten Tage bekam ich nur mehr ein Brötchen runter. Dann setzen Julia und ich uns auch gleich mit Sack und Pack ins Auto, um ja einen guten Parkplatz zu erwischen (in weiser Voraussicht :)) und standen 5:30h am Wechselplatz.
Dort verstaute ich alles schön säuberlich in Plastiktüten direkt neben die große Pfütze an meinem Platz, was für ein Tag, eigentlich hätte ich mich gleich wieder hinlegen wollen.
Dementsprechend motiviert ging ich zum Schwimmstart und konnte es kaum erwarten endlich ins fühlbar wärmere Wasser zu kommen. In einer ewig langen Reihe waren wir im Wasser aufgereit (2.300 Athleten müssen ja irgendwo platziert werden) und es ging los, die Raupe setzte sich in Bewegung, und mit ihr 9.200 Beine und Arme, die verzweifelt nach Platz schlugen!! Der ein oder andere bekam auch meine Extremitäten zu spüren, vor allem derjenige, der mir einen Kick unter mein Kinn versetzte. Nachdem das Wasser durch den Regen so aufgewühlt wurde, dass kaum die weit entfernten Bojen erkennbar waren, gab ich mich irgendwann zufrieden und schwamm ein paar Füßen hinterher. An jeder Boje wurde das Gedränge wieder so groß, dass es ein wirkliches Vergnügen war! Nach dem Landgang bei der Hälfte der Strecke, wurde es zum Glück etwas ruhiger und ich konnte wieder frei atmen. Dennoch sehnte ich mich nach dem finalen Ausstieg aus dem Wasser. Der kam dann auch irgendwann und bei besten Bedingungen (hatte ich schon erwähnt, dass es regnete??) lief oder eher rutsche ich zu meinem Wechselplatz und riss die Plane von meinem Rad. Jetzt konnte es losgehen! Noch schnell ein paar Regenüberschuhe und eine langes Trikot drüber und schon war ich auf der Radstrecke. Hier fühlte ich mich gleich deutlich wohler und fing mir ein paar schnelle Schwimmer ein 🙂
Nach 30km Geradeausfahrt am Zürichsee kamen dann auch endlich die ersten Berge, ansonsten wäre ich wahrscheinlich vor Langeweile vom Rad gekippt, für jeden der Zürich kennt, ja es ist eine tolle Stadt mit viel Flair, aber bei diesen Bedingungen stur geradeaus zu schauen, ab und an mal eine Gischt von vorbeifahrenden Auto abzubekommen war kein großartiges Erlebnis. Die Streckenposten waren durchaus zahlreich, aber leider auch die einzigen Zuschauer. Wer auf Jubel und Heldentum aus war, sollte ihn hier nicht bekommen. Mir fiel während des Fahrens auf, dass alle, die ich eigentlich recht mühelos an den Bergen überholte, bei den Abfahrten wieder an mir wie die geölten Blitze in absoluter Todesmut vorbeischossen…aha…ich wusste jedesmal wenn mich ein Einheimischer überholte, die anderen – wie auch ich – fuhren die teils 15%igen Gefälle doch mit mehr Liebe am Leben herunter. Jeder der weiß, wie Carbon- und Scheibenräder und dieses ganze neumodische Zeug bei Nässe bremst, wird mir zustimmen. Bei km 85 sah ich dann endlich meinen tollen Support: Julia, mein kleiner Bruder Thomas und seine Freundin und natürlich meine Eltern. Alle waren gekommen um mich anzufeuern und ich war froh darüber!! Nach genau 2:30h hatte ich meine erste 90km Schleife abgefahren und fand meine Zeit den Umständen entsprechend ganz pasabel. Nachdem es kurz weniger regnete wagte ich schon zu hoffen, dass es aufhören könnte…sollte man mich erhört haben?? Zur Antwort wurde ich 10min später mit einer peitschenden Gischt belohnt, die mir aufgrund des günstig stehenden Windes genau ins Gesicht schlug, ja das war meine Welt, überall klitschnass, noch mehr Regen, menschenleere Straßen, ich fing an zu lächeln und freute mich zum ersten Mal richtig an diesem Tag 🙂
Für die zweite Runde ließ ich mir trotz neu dazugewonnener Streckenkenntnis doch ein klein wenig mehr Zeit, vielleicht waren es die vollgesogenen Überschuhe und Klamotten die jetzt plötzlich 5kg Extragewicht darstellten, man weiß es nicht…. 😉
Nach den letzten Kilometern sehnte ich mich nach neuen Sachen und einem Ende meines „längsten Julitag des Jahres“ 🙂

Meine neuen Wechselklamotten sollte ich bekommen, aber ein Ende war noch nicht in Sicht! Dieses mal wollte ich fashionmäßig nix anbrennen lassen und wählte die langen weißen Rennstrümpfe passend zu meinem hellblauen Laufkostüm, garniert mit einem weißen Schild auf dem Kopf (gegen die Sonne…haha) und trabte los. Die neue Laufstrecke war recht verwinkelt, mit 3 Wendepunkten, vereinzelten Unterführungen war sie allerdings recht spannend und kurzweilig. Man lief alle 2min in eine andere Himmelsrichtung inkl. dem entsprechenden Ausblick. Nach 3km sah ich dann auch Julia und die anderen und fühlte mich doch erstaunlich gut. Nach ein paar kurzen Worten und einem Klobesuch (ja, ich habe mich gesetzt ohne vorher die Brille abzuwischen!!!) war ich wieder unterwegs. In der zweiten Runde das gleiche Bild, das gleiche Klo und an der Tür stand dann glücklicherweise auch gleich Julia mit Immodium akut! Und ich muss sagen, dieses Zeug hilft wirklich akut! In der gleichen Runde hatte ich auch meinen schlimmsten Einbruch des Tages. Ich kam wieder bei Julia und meinem Bruder vorbei und sah wieder aus wie eine wandelnde Leiche, als wenn ich bald wieder einbrechen würde (wie es in der Vergangenheit öfters der Fall war). Allerdings gab mir Julia instinktiv eine Koffeintablette und eine Minute später (kein Witz!) flog ich regelrecht über die Strecke, ich lief plötzlich wie ein junges Reh und schnappte mir einen nach dem anderen….GrandMaster Krell on the way!!! Macht Platz für seine Durchlaucht, schiebt den Pöbel beiseite!!!…oh yeah…. :)))
Leider wirkte die erste Tablette auch am meisten, bei der zweiten verspürte ich kaum noch was. Nichtsdestotrotz lief es einfach, ich konnte es nicht glauben, inmitten der 2ten Runde war ich 16er meiner AK. In der dritten Runde war ich an 9 Leuten vorbeigeschossen und in der letzten ging mein Puls auf über 160 und ich überlief neben der ersten Frau auch weitere 3 Leute meiner AK und lief als 4. in den Zielkanal. Ich schaute mich um, sah niemanden und war so glücklich endlich das Ziel zu sehen, aber auch die Uhrzeit auf der Tafel die zeigte: 9:23!!!
Oh yeah!!! Der Tag war gerettet, der Regen vergessen, Hawaii ich komme!!!
Zeiten: 1:00:20 Schwimmen, 5:06 Radfahren, 3:11 Laufen

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